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Sonntagszeitung Digitale Poesie

Die Maschine wird so doof unethisch

Sonntagszeitung, 30. Dezember 2007

Digitale Poesie oder wenn das Spracherkennungsprogramm eines japanischen Computers deutsche Dichtung generiert

Diesem Text habe ich mich selbst verschrieben, ich habe ihm die Tiere (Diesen Text habe ich nicht selbst geschrieben, ich habe ihn diktiert). Das heisst, ich habe in einem Computerraum Vertrauen (Das heisst, ich habe ihn meinem Computer anvertraut). Und der Abt (hat) das Gesprochene in Buchstaben übertragen, mit grosser Gewissenhaftigkeit. Wenn auch, wie ersichtlich, nicht ganz fehlerfrei.

Vor kurzem habe ich mir einen neuen Computer gekauft. Einen Vaio von Sony, laut Prospekt «ein Philosoph des Friedens». Ich habe dich über die Schiene des Friedens in den Trieb genommen (Ich habe diese Maschine des Friedens in Betrieb genommen). Und schon bald bin ich auf die Spracherkennungsfunktion gestossen. Wie zur besseren Verständigung in Polen (empfohlen), habe ich kein (ein) Mikrofon angeschlossen und begonnen, auf das Gerede (Gerät) einzureden.

Es wäre Pilic (billig), sich an dieser Stelle lustig zu machen über die Fehler. Denn im Grunde ist es ein doch Wunder! Da liegt ein Apparat aus Japan vor mir, und R (er) versteht mich, also Deutsch mit Schweizer abzählen (Akzent). Seither lässt mich die Frage nicht mehr los, wer ihm das beigebracht hat.

Dort kam Freude (Trotz aller Freude): Ich konnte mich mit der Reformpartei (Resultat) nicht ganz zufrieden geben. Ich musste versuchen, so stand es in der Anleitung, dem Computer das Verstehen beizubringen. Dazu öffnete ich das Sprachlernprogramm, und auf dem Bildschirm erschienen Sitze (Sätze), die ich vorzulesen hatte. «Ich spreche jetzt mit meinem Computer. Während ich spreche, gewöhnt sich der Computer an meine Stimme. Dadurch kann der Computer meine Anweisungen besser verstehen. Gewöhnen Sie sich an eine klare und deutliche Aussprache. Sprechen Sie wie ein Nachrichtensprecher im Fernsehen oder Radio.»

Ich habe mich auf die Artikulation konzentriert und versuchte, die lokale Fool und Drohungen auszusprechen (und versuchte, die Vokale voll und rund auszusprechen). Für die Konsonantenpaläste (für die Konsonanten presste) ich die Lippen zusammen und bewegte meine Zunge.

Die Maschine ersetzt Wörter durch phonetisch Verwandtes
Doch die Maschine schien Mütter (Mühe) zu haben mit meiner Aussprache. Ich musste mir eingestehen: Die Ehefrau nun zwar kein Künstler sein, aber zum Nachrichtensprecher Tauben nun einmal nicht Allee (Jeder von uns mag ein Künstler sein, aber zum Nachrichtensprecher taugen nun einmal nicht alle).

Doch bald legte sich meine Enttäuschung. Denn mir wurde bewusst, welch grundlegende Verschiebung vor sich ging. Einer tieferen Logik folgend, dass selbst die Maschine wird so doof unethisch (Einer tieferen Logik folgend, ersetzt die Maschine Wörter durch phonetisch Verwandtes). Der Computer verleiht dem Text eine und gewinnt politische Kraft (Der Computer verleiht dem Text eine ungewohnte poetische Kraft). Schritt deutscher Zufall (Schöpferischen Zufall) kann man es nennen.

Wollten Scheidende früher den Zuschauer wirken lassen (Wollten Schreibende früher den Zufall wirken lassen), mussten sie zu anderen Mitteln greifen. Der Künstler Hans Arp schrieb seine Gedichte mit Hilfe von Zeitungen. Die Wörter bestimmte er mit geschlossenen Augen, indem er sie mit Bleistift anstrich, dann arbeitete er das zufällig bestimmte Material um.

Natürlich wäre es möglich, dem Computer ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, das heisst Fehler zu korrigieren. Doch mit jedem Missverständnis, das ich der Maschine austreiben würde, verflüchtigte sich die politische (poetische) Kraft. Und hätte sich der Computer einmal ganz an meine Stimme gewöhnt, der Anreiz Tallinn (wäre aller Reiz dahin).