SCHIENENGLÜCK UND ANDERE HOCHGEFÜHLE
Kolumne in «2030 – Das Magazin für Zürichs Zukunft» zur Netzentwicklung der VBZ, 2014
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Schlage ich die Zeitung auf und lese von einer Erweiterung des Zürcher Tramnetzes, werde ich neidisch. Weshalb, frage ich mich, habe ich meine Stelle als Tramführer aufgeben und konzentriere mich auf das Schreiben? Natürlich vermisse ich nicht alles, was mit dem «Pilotieren von Tramzügen» zusammenhängt, wie es inzwischen bei den VBZ trendig heisst. Die Fahrt mit dem Velo ins Depot bei Starkregen – morgens um halb fünf, wenn noch keine Trams unterwegs sind – am wenigsten.
Um was ich meine alten Kolleginnen und Kollegen aber geradezu beneide: um die neuen Strecken. Das elegante Viadukt beim Glattzentrum (wo Auto- und auch Velofahrer Distanz halten). Die Verlängerung zum Flughafen (wo sich Kerosin, dieser Duft der Ferne, schnüffeln lässt). Und die schienentechnische Meisterleistung bei der Station Opernhaus. Vollkommen unbemerkt von der Öffentlichkeit ist hier, vor vier Jahren schon, eine einzigartige Weiche verlegt worden: Bevor es vom Seefeld her rechts zum Bahnhof Stadelhofen geht (leider nur in Ausnahmefällen, im regulären Betrieb wird der kurze Abschnitt nicht befahren), da werden die Geleise erst elegant nach links geführt. Anders gesagt: Die Fahrzeuge müssen ausholen. Hier möchte ich mit der Linie 2 eine Umleitung fahren und mit dem Tram kurz auf die Gegenspur ausweichen. Ein bisschen so, wie es die eléctricos in den engen Gassen Lissabons tun, diesem Mekka der Tramschienenkunst.